geschrieben von S. Müller am 26.03.2018
What shall we do with a drunken sailor early in the morning? Na was
schon? Wir sehen zu, wie er quer über das ganze Schiff läuft und alles
ankotzt was im Wege steht. Hört sich absolut witzig an und ich muss
gestehen, das ist es auch. Denn diesen und vergleichbare Momente erleben
wir in der neuesten Multiplayer Piratenhatz “Sea of Thieves” aus dem
Hause Rare. Zusätzlich erleben wir zahlreiche Abenteuer, suchen nach
Schätzen, überstehen Raids, ziehen in die Schlacht gegen andere Spieler
oder bezwingen die raue See. Keine Frage, das Spiel macht einen riesen
Spaß, doch nach einigen Spielstunden entpuppt sich das Ganze leider eher
als seichtes Gewässer mit leichten Frustmomenten. Warum? Das und mehr
lest ihr in unserem Test.
Multiplayer-Abenteuer vom feinsten
Sea of Thieves liefert uns zwar mit einer großen Open World,
versteckten Schätzen, Haien, Skeletten und mehr einen wundervollen
Spielplatz. Den wichtigsten Spaßfaktor müssen Gamer allerdings selbst
beisteuern – nämlich die Story. So versetzen wir uns in die Rolle eines
zufallsgenerierten Piraten, um als Freibeuter in einer comic-artigen
offenen Spielwelt die Meere zu erobern. Doch dafür benötigen wir eine
Crew und natürlich ein Schiff. Je nach Crew-Größe wählen wir entweder
die kleine aber feine Schaluppe (1-2 Spieler) oder die imposante Galeone
(3-4 Spieler). Die Auswahl des Schiffes ist dabei für den Erfolg sehr
wichtig, denn mit zwei Leuten kann man zwar die Galeone auswählen, aber
effektiv steuern kann man das Ding nicht.
Denn in Sea of Thieves werden sämtliche Aufgabe auf die Crew
Mitglieder aufgeteilt und davon gibt es viele! Anker lichten, Segel
setzen und in Windrichtung drehen, Kanonen nachladen und abfeuern,
Steuerrad bedienen, bei Treffern das Schiff reparieren und bei
Wassereinbruch das Wasser mit dem Kübel über Bord schöpfen. Genau da
unterscheiden sich die 2 Schiffe deutlich, denn bei der Schaluppe
lichten wir nicht nur den Anker deutlich schneller, es gibt auch nur ein
Segel zu bedienen. Dennoch hat die Schaluppe auch einen entscheidenden
Nachteil – und zwar die Anzahl der Kanonen und die Lagerplätze. Wie ihr
bereits lesen konntet ist eine eingespielte Crew von Vorteil, denn die
präzise Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg. Wer keine volle Crew
mit Hilfe des Freundschaftskreises zusammen bekommt, der kann sich mit
zufälligen Spielern ins Getümmel stürzen. Das funktioniert in den
meisten Fällen gut, ist mal ein Troll an Bord, verfrachtet man diesen
kurzerhand per Voting in den Schiffskerker.
Teilweise eintönige Aufgaben
Hat man nun seine Crew angeheuert, spawnt man zufällig auf einen
Außenposten, wo wir bei den unterschiedlichen Händlern / Fraktionen
Aufträge annehmen können. Diese reichen von Schatzsuch- über
Kopfgeldmissionen bis hin zu Transportaufträgen. Die Aufträge selbst
werden in Kartenform an den Spieler übergeben und von diesen kann jeder
Spieler insgesamt drei Stück mit sich führen. Um eine Mission zu
starten, wählt ein Spieler den gewünschten Auftrag aus, legt die Karte
auf einen Tisch und die anderen Crewmitglieder müssen zusätzlich dafür
abstimmen. Haben die anderen Spieler ebenfalls dafür gestimmt, startet
die Mission und man bekommt Hinweise oder Schatzkarten ins Inventar,
welche uns die Position der aktuellen Mission verraten. Hat man auf der
großen Landkarte die richtige Insel gefunden, setzen wir die Segel und
beginnen die Reise über das gefährliche Gewässer, denn dort lauern nicht
nur Seeungeheuer wie der Riesenkraken, nein, auch zahlreiche andere
Piraten, die jede Gelegenheit nutzen, um uns den Gar auszumachen.
Hat man die richtige Insel erreicht, beginnt je nach Auftragsart das
erforderliche Event um die Mission abschließen zu können. Genau an
dieser Stelle beißt sich das Spiel in den eigenen Schwanz. Denn im
Grunde sind die Quests verdammt monoton und wiederholen sich immer und
immer wieder. Leider sind die Aufträge aber Mittel zum Zweck, denn diese
bringen uns neben dem Gold auch noch den nötigen Ruf um bei den
jeweiligen Fraktionen das Ansehen zu steigern und den begehrten Titel
“Pirate Legend” zu bekommen. Hat man diesen Titel einmal erreicht, wird
ein neuer Bereich freigeschaltet, bei dem wir die sogenannten
“Legendären Reisen” annehmen können. Diese Reisen sind mit Raids aus
anderen MMO´s vergleichbar. Hinzu kommen aufwändigere Kostüme für die
Piraten, sowie die “Skeleton Forts”, die von der Crew alles abverlangen.
Der Nervenkitzel des Spiels liegt aber ganz klar an den getroffenen
Entscheidungen und im PVP. Denn man kann nach dem Abschluss einer
Mission wieder direkt zurück zum Außenposten segeln, um die gelooteten
Schätze zu verkaufen. Oder man beginnt eine weitere Mission, um die
Schätze an Bord zu stapeln. Grundsätzlich macht dies Sinn, aber da kommt
dann der extreme Nervenkitzel ins Spiel, denn trifft man mit voll
beladenem Schiff auf gegnerische Spieler und verliert man im schlimmsten
Fall auch den Kampf, so freut sich die gegnerische Crew über die
wertvollen Schätze. AAAR!
Geladene Waffen sind ein Muss
Apropos Kampf: in Sea of Thieves stehen uns “leider” nur eine Hand
voll Waffen zur Verfügung. Eine Pistole, ein Schrotgewehr ein
“Scharfschützengewehr” und für den Nahkampf ein Säbel. Gleichzeitig
ausrüsten dürfen wir jedoch nur 2 und so müssen wir uns mit der
restlichen Crew zusammen absprechen, welche Waffenkombo Sinn macht.
Neben der geringen Waffenauswahl gesellt sich auch noch der größte
Kritikpunkt von Sea of Thieves hinzu – das Spawnsystem! Dieses ist
teilweise nicht nur frustrierend, nein es sorgt auch noch dafür, dass
die PVP Kämpfe unnötig in die Länge gezogen werden. Denn solange das
Schiff nicht gesunken ist, kann man so oft wie möglich (natürlich
zeitverzögert) auf dem Schiff respawnen. Selbst dann, wenn die komplette
gegnerische Crew ausgelöscht wurde, können diese Respawnen und deren
Schiff erneut reparieren. So muss ein Crewmitglied ständig mit der
Kanone Löcher ins gegnerische Schiff ballern und die anderen müssen die
gegnerische Crew vorm Reparieren abhalten, damit das Schiff mit Wasser
vollläuft und anschließend sinkt.
Speziell wenn man als Two-Men-Army loszieht und eine komplette
vierköpfige Crew auslöscht und diese dann respawnen, weil das Schiff
einige Zeit zum sinken braucht, frustet das enorm, da es in keinster
weise eine Rolle spielt, ob man besser ist wie die anderen. Hier müssen
die Entwickler unbedingt am Balancing schrauben, denn dies raubt
kleineren Crews den Spielspaß. Nicht jeder hat drei Freunde, die Sea of
Thieves spielen und auch ist nicht jeder der englischen Sprache mächtig,
die zu 90% bei zufälligen Crewmitgliedern gesprochen wird. Aber im
Laufe des Spiels stellen wir uns immer und immer wieder dieselbe Frage:
"Warum machen wir das Ganze eigentlich? Warum wiederholen wir immer und
immer wieder die monotonen Quests oder prügeln uns stundenlang durch die
teils knackigen Raids?" Nur um am Ende an das Gold ranzukommen, welches
wir rein für kosmetische Artikel investieren dürfen / können! Ob das
den Preis von 70 Euro rechtfertigt, muss an dieser Stelle jeder für sich
entscheiden, denn die einen lieben es sich mit Skins von der Masse
abzuheben und die anderen können mit dem eher weniger anfangen und
würden gern das hart verdiente Gold in andere Schiffstypen oder Waffen
investieren, welche leider nicht vorhanden sind.
Piraten-Feeling gut umgesetzt
Die größte Stärke von Sea of Thieves ist aber bei weitem die
erstklassige Präsentation. Die Wellen schaukeln unser Schiff hin und
her, Gischt spritzt uns ins Gesicht und hinterlässt Pfützen auf unserem
Deck und am Horizont versinkt die Sonne rot glühend im Meer. Trotz
Comic-Look versetzt einem das Spiel immer wieder ins Staunen, denn kein
Spiel zuvor hat die Seefahrt derart glaubwürdig in Szene gesetzt.
Speziell das Wasser samt Wellen und Lichteffekten sucht seinesgleichen
und raubt einem sprichwörtlich den Atem. Die zahlreichen Inseln und
Außenposten, garniert mit tollen Licht- und Schatteneffekten runden das
Gesamtpaket piratisch GUT ab. Selbst beim Sound haben die Entwickler
alles richtig gemacht und besonders schön sind die zwei
Musikinstrumente, die auf Knopfdruck Seemannslieder abspielen und
zusammen harmonieren. Einfach KLASSE!
AAAR! Wie gern würde ich hier stundenlang über Sea of Thieves
schwärmen, denn das Spiel sieht einfach großartig aus. Die Meereswogen
schaukeln meine Schaluppe / Galeone wunderbar lebensecht über den Ozean
und heben das Piratenfeeling in ungeahnte Höhen. Speziell am Anfang ist
man von dem neuartigen Gameplay sehr angetan und man schippert von einem
Quest zum anderen. Leider stellt sich relativ schnell die Ernüchterung
ein, denn Sea of Thieves präsentiert sich in Sachen Gameplay eher als
monoton und bietet für den satten Preis von 70 Euro bisher viel zu wenig
Abwechslung. Rare verpasst es leider dem Spiel den wichtigsten Punkt zu
spendieren – die Langzeitmotivation und so bleibt Sea of Thieves im
derzeitigen Entwicklungsstadium ein solides Grundgerüst für
verschiedenste Piraten-Abenteuer die hoffentlich in naher Zukunft in
Form von Updates nachgeschoben werden.
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